Der Registan, Samarkand
Seit Jahrhunderten war der Registan-Platz das Zentrum Samarkands. Das Wort „Registan“ bedeutet „Sandplatz“. In frühen Zeiten floss an dieser Stelle ein Fluss, bevor hier die erste Medrese gebaut wurde. Die Jahre vergingen, der Fluss trocknete aus und hinterließ eine Menge Sand. Als die erste Medrese im 15. Jahrhundert errichtet war, fanden auf diesem Platz alle Paraden, Festivals und Feiertage statt. Auch der Sonntagsbasar hatte hier seinen Platz.
Das Ensemble besteht aus drei Medresen: Ulugbek Medrese (15. Jahrhundert), Sherdor Medrese (17. Jahrhundert) und Tillakori Medrese (vergoldet, 17. Jahrhundert). Eine Medrese ist eine islamische Hochschule, auf der nur die Söhne reicher Familien studierten. Die Ausbildung dauerte 10, 12 oder 20 Jahre, je nachdem, wie es um die Disziplin des Studenten bestellt war. Das Hauptfach war natürlich die Koranlehre, die restlichen Fächer waren nicht obligatorisch und vom Studenten frei wählbar.
Die Ulugbek Medrese wurde auf Befehl Ulugbeks und unter seiner Anleitung erbaut. Als die Medrese fertig war, lehrte Ulugbek selbst an ihr die Fächer Mathematik und Astronomie bis zu seinem Tode.
Zwei Jahrhunderte später befahl der damalige Herrscher Samarkands, Yalangtush Bahadur, eine Kopie der Medrese zu bauen und so wurde die Sherdor Medrese gegenüber errichtet. Der einzige Unterschied war, dass die neue Medrese zwei Winter-Unterrichtsräume mehr hatte.
Einige Jahre später befahl derselbe Herrscher den Bau der dritten Medrese, der Tillakori Medrese. Äußerlich gleicht sie den ersten beiden, doch innen befindet sich ein eingeschossiger Bau. Um die äußere Harmonie zu bewahren, wurden außen zwei Stockwerke gebaut, doch innen nur eines. Medresen wurden immer nach dem gleichen Muster gebaut: Ein Hof mit vier Ecken, der von den Wohnzellen umschlossen ist und ein prächtiges Einganstor, das mit Gitterwerk verkleidet war. Die anderen Eingänge wurden je nach Bedarf genutzt. Die Türen der Wohnzellen waren immer niedrig, da „Islam“ „Gehorsam“ bedeutet und jeder, der den Raum betrat oder verließ, sich den anderen gegenüber verbeugen musste.
Obwohl auch die Tillakori Medrese als solche gebaut wurde, wurde sie meist als Moschee genutzt. Ein Blick auf die Minarette belegt dies. Im 17. Jahrhundert war die Tillakori Moschee und Medrese die größte Moschee in Samarkand. Bis zum 19. Jahrhundert wurde das ganze Ensemble seiner Bestimmung nach genutzt, erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts dienen die Gebäude als museale Monumente.
„Eden des Alten Orients“, „Kostbare Perle der islamischen Welt“, „Rom des Ostens“, „Rui Zamin – Antlitz der Erde“ – mit solchen und ähnlichen poetischen Namen wurde Samarkand von Historikern, mittelalterlichen Geographen und Dichtern aus dem Iran, Indien, China oder Ägypten beschrieben. Über Jahrhunderte hinweg wurde Samarkand von verschiedenen nomadischen und halbnomadischen Völkern immer wieder eingenommen, geplündert und zerstört. Jedes Mal blieben nach ihrem Abzug nur Ruinen übrig. So erlebte Samarkand drei große Tragödien:
1. Die erste fand im Jahre 329 v. Chr. unter den Feldzügen Alexander des Großen statt: Die Stadt wurde komplett zerstört, die Bürger verschleppt oder getötet. Nach dem Wiederaufbau entwickelten sich verschiedene Handwerke, die östliche und griechische Kultur vermischten sich und hinterließen ihre Spuren in Samarkand.
2. Die zweite Tragödie kam im 8. Jahrhundert, als die Araber Zentralasien eroberten. Seit dieser Zeit wurde der Islam zur vorherrschenden Religion in Zentralasien. Vor dieser Zeit existierten in der Region verschiedene Glaubensrichtungen, von denen der Zoroastrismus die am weitesten verbreitete war. Doch die Araber brachten ihre Religion unbarmherzig mit „Feuer und Schwert“ übers Land, so dass sie auch heute noch die Hauptreligion in Zentralasien ist.
3. Die dritte Katastrophe suchte Zentralasien und Samarkand mit den Eroberungsfeldzügen Dschinghis Khans heim, im 13. Jahrhundert. Die Stadt wurde erneut zerstört und diesmal dauerte es bis ins 14. Jahrhundert bis Samarkand unter Timur wieder aufgebaut wurde. Das 14. und 15. Jahrhundert wird auch die Renaissance genannt, weil Timur von jedem seiner Feldzüge zahlreiche Wissenschaftler mitbrachte: Über 35 Jahre hinweg brachte er verschleppte Mathematiker, Astronomen, Architekten und Musiker ins Land. So wurden viele Monumentalbauten aus Timurs Zeit mit Hilfe fremder Baumeister erschaffen, die auch im Islam sonst unübliches Dekor verwendeten. Obwohl nämlich die Darstellung von Menschen und Tieren im Islam verboten ist, ist die Sherdor Medrese mit solchen Bildern geschmückt. So wurde Samarkand unter der grausamen Herrschaft Timurs in ein Zeitalter der Blüte geführt.